Hattest du schon mal einen Job den du nur noch hinwerfen wolltest? Welche Bedingungen müssen erfüllt sein, damit du mehr berechnen darfst als in deinem Angebot? Und ob und wie kommst du aus einem Auftrag vorzeitig heraus...
Kennst du das?
Deinem Kunden ist eingefallen, dass er vieles doch ganz anders haben will. Es ändert sich plötzlich der gewünschte Inhalt der Bilder, oder die Anzahl oder der gewünschte Stil. Und es gibt Korrekturwünsche ohne Ende. Oder viel mehr Absprachen als geplant. Vielleicht sogar vor Ort, was dich noch mehr Zeit kostet.
Damit ist der erwartete Aufwand längst gesprengt. Und da du für einen pauschalen Preis arbeitest, reduziert jeder weitere Aufwand deinen Stundenlohn.
Denn leider war deine Leistungsbeschreibung nicht genau genug, um nun souverän mehr Geld zu verlangen. Vielleicht hast du die Anzahl der möglichen Korrekturstufen nicht beschränkt?
Nun siehst du dich in der Klemme, denn rein formal bewegt ihr euch ja immer noch im Rahmen der Beschreibung deines Angebots.
Andere Möglichkeit...
Du bist guter Dinge in deinen neuen Auftrag gestartet, aber schon bald zeigt sich, dass doch alles länger dauert als erwartet. Du hast dich einfach selbst total verschätzt was den Aufwand angeht. Und siehst bereits, dass du Termine nicht einhalten kannst.
Deinem Kunden erklären warum? Andere Projekte verschieben und andere Kunden vertrösten? Die Zähne wohl oder übel zusammen beissen und die nicht vorhergesehene, und deshalb unbezahlte Arbeit schultern?
Ist dir das mal passiert? Oder noch unangenehmer, steckst du gerade akut in dieser Situation? (Unten hast du in den Kommentaren Gelegenheit deine Gedanken zu teilen...)
Alles hinwerfen ist eher keine Option. Denn schlechte Mundpropaganda will ja niemand. Ein Abbruch könnte dich viel Geld in der Zukunft kosten.
Aufwand verschätzt. Wie ist es rein rechtlich?
In aller Regel schliesst du bei einem Auftrag automatisch einen Werkvertrag ab.
Der Werkvertrag - Was ist das?
Ein Werkvertrag ist ein Vertrag, bei dem du, als der Werkunternehmer, dich bereit erklärst, für den „Besteller“ ein Werk zu erstellen. Und das natürlich gegen die Zahlung einer Vergütung.
Du erfüllst also deine Vertragspflicht erst dann, wenn du das Werk abschliessend und erfolgreich erstellst und ablieferst. Bei einem Werkvertrag erwartet der Gesetzgeber, dass du als Experte den Aufwand korrekt einschätzen kannst.
Die Vergütung kann nun auf unterschiedliche Arten geregelt sein.
Theoretisch kannst du nach tatsächlichem Aufwand in Stunden bezahlt werden, wenn du es so mit deinem Kunden vereinbart hast.
Meistens ist es aber so, dass du eine bestimmte Leistung (also ein Werk) zu einem pauschalen Preis ablieferst. (Wenn so ein Maximalpreis festgesetzt ist, nennt sich das auch Pauschalpreisvertrag.)
Du als sogenannter Werkunternehmer trägst dann das Risiko, das Werk zu dem genannten Preis auch liefern zu können.
Entscheidend ist daher, möglichst genau zu beschreiben, welche Leistungen enthalten sind. Und damit auch klar fest zu halten, was nicht enthalten ist.
Deine Leistung exakt beschreiben, das ist entscheidend
Ein Beispiel.
So lieber nicht...
So wäre deine Beschreibung ganz allgemein formuliert: „Anfertigen von 12 Illustrationen für Ihren Mitarbeiterkalender.“
So gut wie jeder unerwartet auftretende zusätzliche Aufwand kann dieser Aufgabe problemlos zugeordnet werden. Anders sieht es aus, wenn du genauer bist.
Viel besser ist es so...
Beispiel einer guten und exakten Auftragsbeschreibung
„12 Schwarz-Weiss Illustrationen im Stil des Beispiels x. Kolorierung mit einer Akzentfarbe/ihrer Unternehmensfarbe.
Beispiel für den Motivumfang: Putzmann liest nach Feierabend mit Füßen auf einem chaotischen Schreibtisch einen Ordner auf dem "Streng geheim" steht und staunt mit großen Augen, Büro-Hintergrund angedeutet, ca. wie Beispiel x.
Enthalten sind 2 Korrekturstufen in der Skizzenphase sowie eine Optimierungsphase nach der Lieferung der final ausgearbeiteten Illustrationen. Optimierung heißt kleine Anpassung, nicht das Tauschen von Bildern oder wesentlichen Bildteilen.“
Kommen dann weitere Wünsche hinzu, die hiervon abweichen, kannst du immer gleich mit Verweis auf dein Angebot die zusätzliche Vergütung besprechen.
Tipp: Abweichungen immer schriftlich festhalten
Diese lässt du dir dann einmal schriftlich bestätigen.
Am besten machst du dir gleich eine Notiz, die du leicht wiederfindest oder passt das Angebot in deinen Unterlagen an. Sonst kann es sein, dass du dich später durch hunderte Mails suchst, um den vereinbarten Mehrpreis und die bestätigende Kunden-Mail wieder zu finden.
Ein nützliches Tool ist zum Beispiel die Notizen-App Evernote. Hier findest du mit der Suchfunktion ganz schnell deine Notiz wieder.
Mehraufwand bezahlen lassen? Dass du immer bis zu 20 % mehr nehmen kannst stimmt leider nicht.
Das gilt nur, wenn es sich in deinem Kostenvoranschlag tatsächlich nur um eine unverbindliche Schätzung handelt und das auch für deinen Kunden eindeutig ist. (Es reicht also nicht, dass dein Angebot nur überschrieben ist mit Kostenvoranschlag.)
Geht aus deinem Angebot klar hervor, dass es sich um eine unverbindliche Schätzung handelt, akzeptiert dein Kunde mit Annehmen des Vertrags, dass er ein kleines Risiko mitträgt.
So kann es dann auch etwas teurer werden. Du könntest das zum Beispiel erreichen indem du Circa-Preise verwendest. Wenn du dann merkst, dass der Aufwand höher liegen wird, gibst du deinem Kunden Bescheid. Der kann dann entscheiden, ob er bereit ist, den Mehrpreis zu zahlen.
Formulierst du dagegen einen Pauschalpreis, kannst du später nicht unerwartet mehr verlangen.
Je nach Fall hast du diese Möglichkeiten
Entweder hast du dich ganz einfach verschätzt. Oder dein Kunde kennt keine Grenzen und verlangt plötzlich viel mehr als das, was du als deinen eigentlichen, ursprünglichen Auftrag ansiehst. Je nachdem, welcher Fall hier vorliegt, sind deine Möglichkeiten andere.
Es liegt am Kunden, er kennt einfach keine Grenzen
Wenn dein Kunde keine Grenzen kennt, ist es natürlich nötig, ihm diese Grenzen zu zeigen. Und das möglichst früh. Im besten Fall natürlich ganz klar und eindeutig beschrieben in deinem Angebot.
Wenn hier steht...
„2 Meetings, 2 Entwürfe und 2 Korrekturschleifen“ dann ist klar, was er erwarten kann. Und ab wann du mehr verlangen kannst für einen höheren Aufwand.
Auch die zu erwartenden Mehrkosten kannst du deinem Kunden hier darlegen. Am einfachsten und sichersten mit einem Satz wie diesem: Weitere Leistungen berechne ich mit einem Stundensatz von 85 Euro.
So ersparst du dir später darüber noch verhandeln zu müssen.
Tipp: Mehraufwand und Kosten immer schriftlich festhalten
Alle Wünsche die im Verlauf des Auftrags auftauchen, solltest du schriftlich dokumentieren. Inklusive deiner schriftlichen Antwort an den Kunden mit welchen Mehrkosten er zu rechnen hat.
Zum Beispiel so: „Einen weiteren fünften Entwurf erhalten sie in einer Woche. Die Kosten für den zusätzlichen Mehraufwand liegen bei x Euro“
Was, wenn ich ungenau war? Oder mich beim Aufwand einfach verschätzt habe?
In diesem Fall kannst du nur auf das Verständnis deines Kunden hoffen. Und versuchen eine Lösung zu finden, die für euch beide okay ist.
Mehrkosten werden ihm sicher nicht gefallen. Aber vielleicht sieht er ein, dass es für ein gutes Ergebnis nötig ist, das Budget etwas zu erhöhen.
Auch in diesem Fall solltest du das natürlich wieder schriftlich festhalten. Zum Beispiel eure mündliche Vereinbarung auch noch per Mail an deinen Kunden senden.
Bei dem zusätzlichen Aufwand könntest du ihm entgegenkommen, indem du ihn geringer berechnest als üblich. Oder du gibst deinem Kunden die Möglichkeit, einen Teil der Zahlung später oder in Raten zu leisten.
Um notfalls Termine trotzdem noch einhalten zu können kannst du Kollegen um Unterstützung bitten. So könnte zum Beispiel ein anderer Illustrator die Kolorierung übernehmen.
Zuletzt bleibt dir nur, daraus zu lernen. Kannst du genau erkennen, woran es gelegen hat? Was kannst du das nächste Mal besser machen?
Das ist das Schöne an einem Fehler: Man muss ihn nicht zweimal machen!
Grundsätzliche Vorkehrungen
Du solltest nach Möglichkeit immer einen Puffer einbauen. Und zum Beispiel 10 oder 20 Prozent mehr kalkulieren. Dann bist du auch entspannter, wenn es mal ein oder zwei Korrekturschleifen mehr gibt. Und du brauchst nicht bei der ersten Kleinigkeit nachzuverhandeln, was dein Kunde als kleinlich ansehen könnte.
Dein Kunde freut sich, wenn du ihm unkompliziert mit einer „kostenlosen“ Korrektur entgegen kommst. Selbst wenn diese mit einkalkuliert war.
Es ist dann gut, deutlich zu machen, dass ihr den Rahmen bereits überschreitet: „Das kann ich gerne so für Sie noch anpassen. Wir sind damit schon ein wenig über dem Budget, aber es soll ja wirklich gut werden.“
Dann wird auch dein Kunde beim nächsten Mal, wenn ihr den ursprünglichen Rahmen verlasst, die Mehrkosten leichter akzeptieren.
Nur noch schnell raus. Auftrag vorzeitig beenden, wie geht das?
Wenn es sich, wie üblich, um einen Werkvertrag handelt (siehe oben), hast du leider wenig Möglichkeiten, aus dem Auftrag auszusteigen.
Die einzige Möglichkeit zum Kündigen für dich ist, wenn dein Kunde seiner Mitwirkungspflicht nicht nachkommt.
Also zum Beispiel einfach nicht mehr antwortet auf deine Nachrichten.
Du setzt ihm dann eine angemessene Frist, und wenn diese verstrichen ist, kannst du kündigen und dir deinen Aufwand bezahlen lassen. (BGB § 642/643) Diese Mitwirkungspflicht des Kunden muss in deinem Angebot zu finden sein. (In den IO AGB gibt es einen entsprechenden Absatz.)
Fazit und Zusammenfassung
Glasklare Vereinbarungen
Es ist entscheidend, dass du ein Angebot machst, das dich wirklich absichert. Je genauer du beschreibst, was der Kunde erwarten darf, desto genauer ist damit geklärt, was nicht enthalten ist.
Ein Pauschalpreis ist nicht nachträglich änderbar, eine unverbindliche Kostenschätzung hingegen schon.
Auch die Mitwirkungspflicht deines Kunden solltest du ins Angebot mit aufnehmen. (Ist in den IO AGB enthalten.) Die fehlende Mitwirkung deines Kunden ist in der Regel die einzige Möglichkeit, vorzeitig aus deinem Auftrag heraus zu kommen.
Mit deinem Kunden reden
Oft kannst du wenig tun, wenn du dich verschätzt hast. In diesem Punkt ist der Werkvertrag leider nicht wirklich vorteilhaft für dich. Vieles lässt sich aber auch noch klären, wenn du offen mit deinem Kunden sprichst.
Jeder hat schon mal etwas falsch eingeschätzt. Auch dein Kunde.
Du und dein Kunde seid auf dem Weg zum selben Ziel, einem erfolgreichen Projektabschluss. Das sind nicht die schlechtesten Voraussetzungen, dass ihr miteinander sprechen und euch noch einig werden könnt.
Wenn es trotzdem mal schief geht, trotz Vorbereitung und der Versuche zu reden, bleibt nur, daraus zu lernen. Auch das kann wichtig und sehr wertvoll sein. (Was in der Situation sicher nur ein schwacher Trost ist.)
Was sind deine Erfahrungen?
Vielleicht hast du ja gerade jetzt, wenn du diesen Artikel liest, ein Projekt bei dem du dich verschätzt hast? Oder einen Kunden der keine Grenzen kennt? Wie schützt du dich vor eskalierenden Korrekturschlachten? Was tust du, um deinen Kunden Grenzen aufzuzeigen?
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